Die Durchsetzungsinitiative löchert den Rechtsstaat, setzt den Grundsatz der Verhältnismässigkeit ausser Kraft und verachtet die Menschenwürde. In etwa so der Grundtenor der gegnerischen Kampagnen. Wo waren die Rechtsgelehrten, Intellektuellen, Politiker und Hüter der Menschenrechte bis 2006? Bis dahin galt der Landesverweis. Und dieser drohte bereits bei einer Gefängnisstrafe ab 3 Tagen, unabhängig der Straftaten. Oder wurde der einstige Landesverweis, von Bundesrat, Parlament und Volk jahrelang verteidigt, einfach nicht umgesetzt? Hatten die Behörden und die Gerichte den Gesetzgeber – sprich das Volk und das Parlament – sang- und klanglos ausgeschaltet? Und ist es verhältnismässig und menschenwürdig, wenn eine 48-jährige Frau gegen ihren Willen und – wie im Nachhinein gerichtlich bestätigt – grundlos in eine psychiatrische Klinik eingesperrt wird? Ist es verhältnismässig und menschenwürdig, wenn einem dreifachen Familienvater die drei Kinder weggenommen werden mit der Begründung, er sei nicht erziehungsfähig. In Tat und Wahrheit war und ist er – auch dies ist in der Zwischenzeit gerichtlich bestätigt worden – mit der behördlichen Massnahme der Kinder und Erwachsenenschutzbehörde einfach nicht einverstanden. Diese wollte einen Erziehungsbeistand für die Kinder einsetzen. Der Vater setzte sich zur Wehr und reichte Beschwerde ein. Daraufhin wurde er als nicht erziehungsfähig und nicht kooperativ erklärt, und der eingereichten Beschwerde wurde gleichzeitig die aufschiebende Wirkung entzogen. Ist es verhältnismässig und menschenwürdig, wenn ein 13-jähriger Sohn nicht mehr alle 14 Tage zur Mutter gehen will (die Eltern sind geschieden), dieser dann – auf Geheiss der KESB – von der Polizei abgeholt und zur Mutter gebracht wird? Wo sind in all diesen Fällen – es geht um unbescholtene Bürgerinnen und Bürger – die Juristen, Professoren, Richter, Intellektuellen und Politiker? Oder gilt bei behördlichen Massnahmen eine andere Verhältnismässigkeit und eine andere Menschenwürde als bei gerichtlichen Urteilen? Die Durchsetzungsinitiative hebelt den Rechtsstaat nicht aus. Sie verdient unsere Unterstützung.
17. Februar 2016 Nationalrat Dr. Pirmin Schwander, Lachen
Verhältnismässig und menschenwürdig? |