Bis 19. Februar 2019 war die Wiederwahl des Bundesanwalts unbestritten. Denn die Aufsichtsbehörde hat zu diesem Zeitpunkt den zuständigen Kommissionen die Wiederwahl des Bundesanwalts empfohlen. Es lagen keine Verfehlungen vor. Im Gegenteil. Seine bisherigen Leistungen wurden gelobt. Seither hat die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft keine andere Empfehlung abgegeben, aber ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Warum? Welche Rolle spielt die Aufsichtsbehörde in diesem Wahl-Krimi?
Den Scheinwerfer nur auf den Bundesanwalt zu richten ist einäugig. Denn der Vereinigten Bundesversammlung liegt kein Untersuchungsbericht der Aufsichtsbehörde oder einer anderen Untersuchungskommission vor. Was aber Fakt ist: Kaum hat die Gerichtskommission ihre Empfehlung auf Nichtwiederwahl abgegeben, wurde über eine Medienmitteilung des Bundesstrafgerichtes ein Entscheid der Berufungskammer vom Vortag veröffentlicht. Zufall oder nicht ist nicht von Belang. Denn dieser Entscheid zeigt exemplarisch die Befangenheit des Bundesstrafgerichts auf. Die Scheinwerfer also nur auf den Bundesanwalt und die Aufsichtsbehörde zu richten ist nicht nur einäugig sondern auch noch blauäugig.
Wir haben nicht nur eine institutionelle Krise. Das Parlament hat in einer Nacht- und Nebelaktion im Jahr 2010 die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft und im Jahr 2017 die Berufungskammer geschaffen. Unüberlegt und ohne Diskussionen über die Auswirkungen. Die Anträge der SVP wurden allesamt pauschal abgeschmettert. Nun haben wir das Debakel. Das Parlament ist gefordert. Die Scheinwerfer sind auf die Aufsichtsbehörde, die Bundesanwaltschaft und das Bundesstrafgericht zu richten. Fazit: Einsetzen einer parlamentarischen Untersuchungskommission.
22. September 2019 Pirmin Schwander, Nationalrat
einäugig und blauäugig |