AUNS 23. ord. Mitgliederversammlung vom 26. April 2008

 

Begrüssung und Standortbestimmung

Stopp der Doppelmoral

Nationalrat Dr. Pirmin Schwander

Präsident der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS)

 

Liebe Mitglieder, Sympathisanten und Gönner der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz, liebe Gäste, sehr geehrte Damen und Herren

 

Laut dem Philosophen Pascal gibt es nur zwei Arten von Menschen: „Die Gerechten, die sich für Sünder halten, und die Sünder, die sich für gerecht halten.“ Seit dem 12. Dezember 2007 wissen wir, dass es mindestens noch eine weitere Art Menschen gibt: Die sündigen Gerech­ten, die ge­recht sündigen.

An unserer Jubiläumsfeier vom 28. Oktober 2006 habe ich vor der Schwächung der Starken gewarnt. Die Strategie laute: Bundesrat Christoph Blocher zu schwächen. Dies würden wir nicht zulassen. Alles Mögliche hatten die Linksparteien CVP, SP und Grüne versucht, um ihn zu schwächen und zu diffa­mie­ren. Die Geschichten kennen wir. Es war Ihnen nicht ge­lun­gen. Deshalb blieb ihnen nichts anderes übrig als Bundesrat Christoph Blocher abzuwählen. Was sie aber am 12. Dezember 2007 nicht wussten: Mit der Abwahl hatten sie Bundesrat Christoph Blocher wie­der in die Freiheit entlassen und damit noch stärker gemacht.

I. Und es gibt sie immer noch – die Pharisäer

Es wirkt für mich immer pein­lich, wenn Politiker an Denk- und Festanlässen die direkte Demokratie, den Föderalismus, die Neutralität, die Mehrsprachigkeit als Chance rühmen, im politischen Alltag aber genau die­se Tugenden mit Füssen treten. Noch peinlicher wird es dann, wenn sie sich als Bergprediger gebären und dem Volk sagen:

  • Wir unterstützen die Einbürgerungen als politischen Akt, doch die SVP – Initiative müssen wir ablehnen. Sie geht zu weit.
  • Die Verwahrungsinitiative ist sehr wichtig. Damit können wir die übelsten Übeltäter in Ge­wahr­sam nehmen.
    Doch wir müssen den übelsten Wiederholungstätern eine zweite Chan­ce geben.
  • Wir fordern den Rückzug des EU – Beitrittsgesuches. Doch wir können uns hier der Stimme enthalten.
    So wichtig ist es auch wieder nicht.
  • Wir unterstützen die Armee-Abschaffungsreform 08 – 11 und die Parallelimporte für Land­wirt­schafts­produkte
    infolge tieferer Kosten kritiklos. Aber das Armee – Sackmesser müssen wir in der Schweiz produzieren, denn die Personenfreizügigkeit führt bekanntlich zu tie­fe­ren Lohnkosten.

Und sie predigen immer wieder von Verfassungsmässigkeit und entmündigen und kriminalisieren dabei gleichzeitig das Volk. Wegen dem Willkürverbot und dem Diskriminierungsverbot dürften wir zwar noch abstimmen aber nicht „Nein“ sagen. Dabei war doch gerade das „Nein“ – Sagen die Geburtsstunde der Freiheit und der Demokratie.

Sie predigen weiter, dass der grösste Reichtum der Schweiz in den Köpfen der Menschen liegt. Trotzdem sind sie bereit, Generationen von Kindern den Launen unkontrollierter Schul­systeme und sozialpädagogischer Experimente und den schizophrenen 68er auszusetzen. Sie fragen nicht, warum heute Eltern beginnen, ihre Kinder bereits auf der Elementarstufe in Privatschulen zu schicken. Früher ging ein Kind vielfach dann in eine Privatschule, wenn es an der öffentlichen Schule nicht mithalten konnte. Heute gehen Kinder in Privatschulen, um später bessere Chancen für den Berufseintritt zu haben und nicht irgend eine weltfremde Theorie schlucken zu müssen.

Die sogenannten modernen Schulen befleissigen sich, Kinder rund um die Uhr zu betreuen und die jungen Menschen von der Wirklichkeit und von den Eltern ganz abzukoppeln. Langsam erwachen die El­tern ob diesem Schwachsinn und sie entlarven die selbsternannten Bergprediger als kalt­schnäu­zige Pharisäer, welche nichts anderes im Kopf haben als jeder­mann mit einem Universitätsabschluss zu beglücken, egal auf welchem Niveau. Moderne Pädagogen wollen schmalspurige und manipulierte Spezialisten heranzüchten. Kritische Denker sind nicht mehr gefragt. Sie könnten in den Schulen ja eines Tages die obszönen Graf­fi­ti und die fehlende Disziplin aufdecken. Nein, sie wollen Herdenwesen heranziehen, welche nicht mehr selbständig denken und handeln können. Diese können dann manipuliert werden.

Meine Damen und Herren, setzen wir solchen Verirrungen und Verwirrungen und dem doppel­züngi­gen Moralgebaren ein Ende. Kinder gehören den Müttern und Vätern und nicht dem Staat. Es ist Aufgabe der Eltern, den Kindern Orientierung, Vertrauen, Achtung und Re­spekt zu vermitteln. Lassen wir unsere Kinder Kind sein. Haben wir den Mut dazu!

II. Ständig am Volk vorbei

Mit lockerer Hand hat die EU die Kopenhagener Kriterien ausser Kraft, um den festgesetzten Fahrplan der Osterweiterung einzuhalten. Auf den 01. Januar 2007 wurden Rumänien und Bul­garien aufgenommen. Um die Kriterien und Bestimmungen punkto Wirtschafts- und Wäh­rungs­union, Menschrechte und Freiheitsgarantien kümmerte sich niemand. Die Augen wur­den verschlossen, Korruption hin oder her. Hauptsache die Weltöffentlichkeit hat zur Kenn­tnis genommen, dass der europäische Integrationsprozess voranschreitet. Europäisches Recht kann also gebogen, missachtet und im besten Fall eingehalten werden.

Die EU-Befür­wor­ter schweigen und sehen in ihrer elitären Europa-Verklärung solche Tat­sachen nicht mehr. Ihnen ist egal, in welche Richtung sich die EU bewegt – und sie bewegt sich immer weiter weg von den Bürgern. Denn mit Genugtuung können sie mit Benedikt von Tscharner feststellen: „Was die Schweiz will und was sie debattiert oder nicht debattiert, ist das eine. Was sie tut, ist indessen längst für jedermann klar erkennbar: Sie nähert sich mit jeder bilateralen Vereinbarung und jedem der etwas weniger sichtbaren, aber umso zahlrei­che­ren Schritte des autonomen Nachvollzugs dem EU-Regime an.“ Diese Feststellung wird im Bericht des Bundesrates zu den Auswirkungen verschiedener europapolitischer Instru­men­te auf den Föderalismus in der Schweiz noch bestätigt, wenn der Bundesrat schreibt: „Unter dem Regime der bilateralen Zusammenarbeit verbleiben den Kantonen bis anhin noch substanzielle Handlungsspielräume. Die Ausdehnung des Anwendungsbereichs der bilateralen Zusammenarbeit schränkt die Rechtsetzungskompetenzen von Bund und Kanto­nen allerdings zunehmend ein.“

Und wenn Wolfgang Schäuble den Schweizern sagt: „Die Schweiz hat eine lang und tiefe europäische Tradition. Irgendwann, so vermute ich, wird der bilaterale Weg erschöpft sein.“ Die EU-Turbos warten, bis das Schweizer Volk „erschöpft“ ist.

Obwohl der Bundesrat im Vorfeld der Abstimmung über die bilateralen Abkommen I und II immer wieder betonte, die Schweizerische Souveränität und die Volksrechte seien durch die Verträge nach wie vor voll garantiert, schreibt er ein paar wenige Jahre später das pure Gegenteil. Dass sich der Bundesrat nicht um unsere Volksrechte und Volksentscheide kümmert, ist skandalös und verwerflich, aber nicht neu. Bereits bei der Gründung der AUNS am 19. Juni 1986 stellte der damalige Vorstand fest, „dass der Bundesrat trotz massiven Ablehnung des Beitritts der Schweiz zur UNO seine Aus­sen­politik weiterführt, als wäre nichts geschehen“.

Die Respektlosigkeit von Bundesrat aber auch vom Parlament gegenüber Volksentscheiden hat sich in der Zwischenzeit noch verschärft. Im Jahr 2003 haben es Bundesrat und Parla­ment sogar nicht mehr für nötig befunden, Staats­verträge mit wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen dem Referendum zu unterstellen (Doppelbesteuerungsabkommen mit Israel, Freihandelsabkommen mit Chile). Der Bundesrat begründete den Verzicht auf die Unter­stel­lung unter das Referendum vorwiegend damit, es seien früher eine ganze Reihe gleichartiger Verträge auch nicht dem Referendum unterstellt worden.

Ich habe genug von solcher Doppelmoral auf internationaler und nationaler Ebene. Sie kommt mir vor wie die jungfräuliche Sexualmoral des viktorianischen Zeitalters: Während des Tages einen grossen, wunderschönen Rock über das Reizbare setzen, um dann in der Nacht, selbstverständlich nur noch unter seinesgleichen, so richtig die Sau rauszulassen.

Es ist an der Zeit, aufzuwachen. Zulange sind wir auf die ideologischen Phrasen von Toleranz und Antidiskriminierung hereingefallen. Sie dienen nur der Abschaffung der Meinungs- und Redefreiheit. Der Toleranz gegenüber den Intoleranten müssen wir eine Absage erteilen.

III. Stärkung der Volksrechte

Wir sind das einzige Land, in dem die Demokratie dank der regelmässigen Abstimmungen so tief ausgelebt wird. Unsere Staatsidee basiert auf dem dauernden Willen, über öffentliche Angelegenheiten zu debattieren und mittels Mehrheitsbeschluss zu regeln. Weder die Globa­li­­sierung noch die bilateralen Abkommen mit der Europäischen Union, weder der Terroris­mus noch die verschleierte Huldigung an den iranischen Präsidenten, weder Videokonferen­zen noch der bundesrätliche Drang nach imperialistischen Selbstinszenierungen erlauben, unsere direkte Demokratie mit dem föderalistischen Staatsaufbau über Bord zu werfen, auch nicht durch die Hintertür.

Die direkte Demokratie nimmt Bundesrat und Parlament eigentlich an die kurze Leine. Sie will damit sicherstellen, dass der Volkswille auch befolgt und durchgesetzt wird. Bundesrat, Bundesverwaltung und Teile des Parlamentes waren in den letzten Jahren immer mehr darauf aus, ihre Kompetenzen und Vorrechte auf Kosten der Bürger auszudehnen und die Souveränität des Volkes zu beschneiden. Die Frage, ob ein Staatsvertrag dem fakultativen Referendum unterstellt werden muss oder nicht, darf nicht im Ermessen der Behörden und Verwaltung liegen.

Ebenso darf der Anwendungsbereich der bilateralen Abkommen nicht ohne Volk ausgeweitet werden. Zu diesem Zweck hat die AUNS zum ersten Mal seit ihrem 20-jährigen Bestehen eine Volksinitiative lanciert. Nur auf diesem Weg ist es möglich, der zunehmenden Aushebe­lung unserer Volksrechte und dem schleichenden EU-Beitritt wirksam entgegen­zutreten.

Heute ist nur der Beitritt zu Organisationen für kollektive Sicherheit oder zu supranationa­len Gemeinschaften (EU, NATO) dem obligatorischen Referendum unterstellt und muss damit die doppelte Mehrheit von Volk und Ständen erreichen. In allen anderen Fällen gilt das fakul­tative Referendum.

Mit der Volksinitiative der AUNS müssen neu Staatsverträge und internationale Abkommen in wichtigen Bereichen sowie Staatsausgaben ab einer bestimmten Höhe zwingend vors Volk und es braucht neben dem Volksmehr auch das Ständemehr. Folgende bisherige Ab­stim­mungen wären neu dem obligatorischen Referendum unterstellt: Schengen/Dublin, Aus­dehnung der Personenfreizügigkeit, Kohäsionsmilliarde. Des weiteren müssten bei Annahme unserer Initiative dem obligatorischen Referendum unterstellt werden: Ausdehnung der Per­son­enfreizügigkeit auf Rumänien und Bulgarien, Rahmenabkommen mit der EU, Dienst­leistungs­abkommen, Agrarfreihandel, Zollunion usw.

 

IV. Erhalt unseres kulturellen Erbes

In der Präambel unserer Bundesverfassung nehmen Freiheit und Verant­wortung eine zentra­le Rolle ein. Der Bund soll erneuert werden, um Freiheit und Demokratie gegenüber der Welt zu stärken. Die erste Aufgabe des demokratischen Staates ist es, die Freiheit des Einzelnen zu garantieren und zu schützen. Natürlich kann nicht jeder machen was er will. Freiheit ist zu grosser Verant­wor­tung verpflich­tet. Oft wird Gestaltungs- und Willensfreiheit verwechselt mit Selbstbestimmung. Letz­teren sind Grenzen gesetzt. Alle haben sich an unsere Regeln zu halten. Und diese Regeln sind aus der christlich-abendländischen Kultur entstanden und damit Teil davon. Und wenn in unserer Bundes­verfassung „im Namen Gottes des Allmäch­tigen“ steht, dann ist auch klar, was in unserem Land zu gelten hat. Kreuze sind keine Belei­di­gung sondern Ausdruck unseres Glaubens und die Erinnerung an unsere Wurzeln. Wer sich deshalb nicht an unsere christlich geprägten Regeln halten will, hat die Konsequenzen zu tragen und unser Land zu ver­lassen. Die Wahrheit des Christen- und Judentums muss anderen Religionen genauso zumutbar sein, wie ihre uns zu­mut­bar ist. Wir dürfen uns das Christen- und Judentum von anderen Reli­gio­nen nicht austreiben lassen. Unsere Gesell­schafts­ordnung muss freigehalten werden von Einflüssen, die mit unseren freiheitli­chen Wer­ten nicht vereinbar sind.

Die Schweiz zeichnet sich aus, kritisch zu sein. Kritisch gegenüber den grenzenlosen An­sprüchen an unseren Staat, und gegenüber der abgrundtiefen Unmoralität einer Staats­ver­schuldung.

Meine Damen und Herren, auf un­sere Errungenschaften, Besonderheiten und Stärken wie Freiheit, Unabhängig­keit, bewaffnete Neutralität, Föderalismus, Privateigentum, Milizarmee dürfen wir stolz sein. Sind wir unseren Vorfahren dankbar dafür und tragen weiterhin Sorge für unsere Kinder.

Es ist unsere demokratische Pflicht, Missstände beim Namen zu nennen und sie zu beseitigen. Packen wir es an, zum Wohle unseres Landes und unserer Nachkommen.

Bewahrung:

  • Demokratie
  • Selbstbestimmung unserer Wirtschafts-, Finanz- und Währungspolitik
  • Bildungspolitik
  • Steuerpolitik
  • Selbstbestimmung unserer Regeln und Werte.

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