Auslegeordnung statt Salamitaktik

Mit Salamitaktik versuchen Regierungs- und Kantonsrat Zugeständnisse der Bürgerinnen und Bürger zu kaufen. Der Kantonssteuerfuss soll von 120 auf 155 Punkte, oder wenn das Volk am 28. September 2014 den jahrelangen Schlendrian ablehnt, gar auf 185 Punkte erhöht werden.

Wo bleibt der kritische Geist?

Die Medien billigen diese Politik und dieses Verhalten mit: „Nun ist die Katze aus dem Sack“. Wirklich? Ein genaues Hinsehen verrät etwas anderes. Der Sack ist zwar offen, doch nicht einmal die Schnurrhaare der Katze sind sichtbar. Wie denn, wenn die präsentierten Zahlen weder von den Kantonsräten noch von den Medien hinterfragt werden. Beispielsweise legte der Regierungsrat am 17. September 2014 den Stellenplan ab 2002 offen. Ein kleiner Vergleich mit den offiziellen Zahlen aus den früheren Jahren legt in etlichen Jahren eine Differenz von mindestens 55 Stellen offen, weder mit den heutigen wie damaligen Erklärungen nachvollziehbar. Oder weshalb hinterfragen die Kantonsräte und Medien nicht die Tatsache, dass in den letzten fünf Jahren der Personalaufwand um 87.74% schneller gewachsen ist als der Stellenplan?

Ursachen

Die Ursachen der heutigen kantonalen Finanzlage sind vielfältig. Nach Durchsicht und Analyse sämtlicher Verhandlungsprotokolle des Kantonsrates, Beschlüsse und Medienmitteilungen des Regierungsrates, Staatsrechnungen, Entwicklungen der Verpflichtungskredite und des Finanzvermögens, Finanzplanungen der Gemeinden und Vergleiche zwischen den Kantonen ab 2002 komme ich zu folgender Feststellung: Der Kanton Schwyz ist ein Sanierungsfall. Die Anerkennung dieser Feststellung würde vieles vereinfachen. Aber eben, wer steht schon zu seinen Fehlern? Jahrelang wurden die Zeichen der Zeit entweder nicht erkannt oder dann vertuscht. Oder, was das Schlimmste wäre: Niemand hat es bemerkt! Und alle wollen heute die Helden sein: „Ich habe es immer schon gesagt.“ Nichtsdestotrotz müsste die aktuelle Salamitaktik den Kantonsrat zum schnellen Handeln rufen.

Meine persönliche Beurteilung der Ursachen infolge Platzmangel in Kürze: 1. Misswirtschaft und Führungslosigkeit, 2. pausbackenes und kopfloses Hofieren für NFA (2004) , Schengen/Dublin (2005), Personenfreizügigkeit (2009), Steuerabkommen mit den USA (ab 2009) , 3. Missachtung des Volks- und Parlamentswillen (Gebietsreform, Bürokratie-Initiative, Axen usw.), 4. strategie- und konzeptlose Zentralisierungen (vgl. Zentralisierungsgrad bei den öffentlichen Stellen, Ausgaben und Einnahmen seit 1998), 5. rethorisch brillant vorgetragene Worthülsen ohne kritischen Geister.

Auslegeordnung

Statt Salamitaktik brauchen wir eine umfassende Auslegeordnung. Und zwar vor jeglicher Steuererhöhung. Denn wenn die Steuereinnahmen beim Kanton einbrechen, wie es der Regierungsrat im Finanzplan unterstellt, dann brechen die Einnahmen auch bei den Bezirken und Gemeinden ein. Und wie das Eigenkapital beim Kanton sind auch die Finanzpolster bei den Gemeinden schnell weg. Die Auslegeordnung muss das ganze Umfeld abdecken. So gilt es zu berücksichtigen, dass die Staatsrechnung 2014 das erste Basisjahr für den NFA 2020 ist. Und dass der NFA durch die international geforderte Unternehmenssteuerreform III ohnehin durchgeschüttelt wird. Oder wollen wir beim NFA nochmals die zweite Geige spielen, weil der Regierungs­rat die Meinung vertritt, die aktuell diskutierten Lizenzboxen würde den Kanton Schwyz nicht treffen? Oder geht der Regierungsrat davon aus, dass sich die Zahlungen nach Bern von selbst lösen (Je nach Szenarium durchaus auch möglich!)? Nehmen wir beispielsweise zur Kenntnis, dass der Kanton Schwyz das tiefste Bruttoinlandprodukt pro Einwohner aller Geber – Kantone aufweist (Mehrjahresvergleich), und eines der tiefsten von allen Kantonen? Oder wie sehen unsere Infrastrukturen aus. Droht bald eine Erhöhung der Strassenverkehrssteuer? Wie sieht die Zukunft unserer kantonalen Hochbauten aus? Haben die kantonalen Gewerbevertreter bei der eigenen Analyse erkannt, dass die Einkommen ab Fr. 230 400 schneller einbrechen als die tieferen Einkommen, und dass die Steuerpflichtigen mit höheren Einkommen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten eher noch bereit sind zu investieren bzw. noch investieren können? – Auch aus Platzmangel muss ich hier leider schliessen!

Weiteres Vorgehen

Vorerst muss ab 01.01.2015 das obligatorische Gesetzesreferendum wieder eingeführt werden. Dann brauchen wir eine Strukturreform. Die Aufgaben zwischen Kanton, den Bezirken und Gemeinden müssen neu geordnet und die Gebietsreform muss offen angegangen werden. Ob im Sinne der Volksabstimmung 2006 oder anders, müssen wir infolge der miserablen Ausgangslage offen lassen. Ebenso braucht es eine Departementsreform (jene von 2008 ist gescheitert). Fünf Departemente sind genug. Der Landammann soll sich ohne Zuteilung eines Departementes zwei Jahre lang um Repräsentationen und um die Gemeinden kümmern. Der Landesstatthalter um das Personal und die Informatik. Durch die zweijährige Rotation haben wir ein wenig mehr Gewähr, dass ein Regierungsrat nicht mehr während seiner ganzen Regierungszeit im gleichen Departement verbleibt. Und es braucht ab sofort eine Projektgruppe, welche die Probleme parteiübergreifend und selbstkritisch angeht: aKR Josef Dettling (FDP, Analyse), aGemeindesäckelmeister Alfred Böni (SVP, Gemeindefinanzen), Elvira Jäger (SP/Grüne, gesellschaftspolitisches Gewissen), aRR Franz Marty (CVP/BDP, Kosten), Georg Boller (EVP, Gerichte), KR Ming Markus (GLP, Steuern). Und damit dieser Weg offen bleibt, braucht es am 28. September 2014 ein klares NEIN zur Steuergesetzrevision. Man kann die Krise nicht mit jenen Mitteln bekämpfen, welche sie versursacht haben.

22. September 2014, Pirmin Schwander

 

Auslegeordnung statt Salamitaktik