Brandgefährlich?

Brandgefährlich! So heisst das neue Losungswort, wenn es um unliebsame Initiativen und Referenden geht. So sollen die Initiative „zur Abschaf­fung der Pauschalsteuer“ und die Ini­tiative „Stopp der Überbevölkerung“ brandgefährlich sein. Vorweg: Wenn ein Bürger eine andere Meinung hat oder zu einem anderen Ergebnis kommt als die classe politique, dann ist er noch lange nicht gefährlich. Und wenn viele Bür­gerinnen und Bürger anderer Meinung sind, und dadurch eine Initiative zustande kommt, dann ist diese Initiative noch lange nicht brandgefährlich. Brandgefährlich wird es meines Erachtens erst dann, wenn kantonale Wort­führer aus Politik und Wirtschaft beispielsweise erfolgreich für die Einführung einer kantona­len Reichen­steuer plädieren, 14 Tage später aber, mit den haargenau gleichen Argumenten, aber mit entgegengesetzten Vorzeichen, die Pauschalsteuer beibehalten möchten. Oder brand­ge­fähr­lich wird es besonders dann, wenn meine Kollegen aus der Wirtschaft die Ge­win­ne der Bilateralen Verträge mit der EU privatisieren und die Verluste verstaatlichen wol­len. Und brandgefährlich ist es, wenn wir im Kanton Schwyz mit dem Geld von heute die Miss­wirtschaft von gestern bezahlen müssen statt Investitionen für morgen zu tätigen. Nicht brandgefährlich aber saugefährlich ist es im Übrigen, wenn Parlamentarier in der Herbst­ses­sion jede Gesetzesanpassung kritiklos durchwinken, jeder neuen Verordnung zum Schenge­ner Abkommen in der Starre romantischer Verzauberung zustimmen und dann, zurück im eigenen Kanton, über die Berner Gesetzesmaschinerie lästern. Ganz nach dem Motto: Nichts gewusst, nichts gelesen, nichts gesehen, nichts gehört.

 

13. Oktober 2014                                                                       Nationalrat Dr. Pirmin Schwander

 

Brandgefährlich?